Das Sättigungshormon
Ein Wissenschaftsteam des University College London unter der Leitung von Rachel Batterham hat entdeckt, dass eine eiweißreiche Diät wie etwa mageres Fleisch, Tofu, Soja und Ei das Sättigungshormon Peptide YY (PYY) verstärkt freisetzt und somit den Appetit bremst. Die Wissenschaftler fütterten Mäuse mit eiweißreicher Nahrung. Diese schütteten mehr Peptide YY aus und legten weniger an Gewicht zu im Vergleich zu Mäusen, die weniger Eiweiß erhielten. Den Forschern zufolge untermauert diese Entdeckung die Theorie, dass proteinreiche Nahrung schnell satt macht und zu nachhaltigem Gewichtsverlust führt. Die Studienergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Cell Metabolism veröffentlicht.
Die Studie baut auf einer früheren Forschungsarbeit der Wissenschaftler auf, die 2002 in Nature veröffentlicht wurde. In dieser Studie konnten die Forscher erstmals nachweisen, dass Peptide YY den Appetit reduziert. Andere Forscher konnten dieses Ergebnis jedoch nicht replizieren. Daraufhin entschieden sich die Wissenschaftler, den Zusammenhang zwischen Peptide YY und Appetit an Mäusen zu untersuchen. Neben den Versuchen mit proteinreichen Diäten, erzeugten die Forscher jetzt genetisch manipulierte Mäuse, die nicht zur Produktion von Peptide YY imstande waren.
Es stellte sich heraus, dass diese Mäuse viel mehr aßen und schneller an Gewicht zulegten. Dabei machte es keinerlei Unterschied, ob die Mäuse eine proteinreiche Diät hielten. Doch als die Forscher den Tieren nachträglich PYY verabreichten, ließen die Fressereien nach. Nach Ansicht der Wissenschaftler beweisen die Ergebnisse, dass ein PYY-Mangel Fettleibigkeit verursachen könne, und dass das Hormon für den positiven Effekt einer proteinreichen Diät verantwortlich sei.
„Kein Mediziner würde zu dazu raten, viele Fette und keine Kohlenhydrate in die Diät aufzunehmen.“
Den Forschern zufolge könnte die Studie auch Aufschluss geben über die Wirkung der berühmt-berüchtigten Atkins-Diät, die die Aufnahme von Kohlenhydraten drastisch reduziert und Fett sowie Eiweiß als Hauptenergieträger nutzt. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Menschen, die diese Diät halten, ihr Gewicht reduzieren können. Batterham meint nun: „Menschen, die die Atkins-Diät halten, fühlen sich nicht so hungrig.“ Das bedeute allerdings nicht, dass die Atkins-Diät eine gute Idee ist, warnt sie, denn: „Kein Mediziner würde dazu raten, viele Fette und keine Kohlenhydrate in die Diät aufzunehmen.“
Auch könnten die Studienergebnisse erklären, warum Menschen immer korpulenter werden. Seit der Agrarrevolution geht der Proteinanteil in der menschlichen Diät immer weiter zurück, zu Gunsten von Kohlenhydraten aus etwa Reis und Mais. „Im Westen enthält die typische Diät nur einen Proteinanteil von 16 Prozent, während ein prähistorischer Jäger und Sammler doppelt so viele Eiweiße konsumierte“, so Batterham. Die Höhlenbewohner-Diät mit einem Proteinanteil von 35 Prozent sei laut der Forscherin daher eine viel bessere Alternative als etwa die Atkins-Diät.
Sie betont allerdings, dass eine solche Diät noch näher untersucht werden soll, um die Risiken eines hohen Cholesterinspiegels, einer Nierenschädigung oder anderer Problemen besser einschätzen zu können. „Prähistorische Jäger wurden im Allgemeinen keine 80 Jahre alt“, so Batterham. Die Forscher planen jetzt eine Langzeitstudie zu den Folgen einer proteinreichen Diät für Menschen.
Quellen
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